Mittwoch, 16. September 2009

Bildung nur für Reiche?!

Fachabitur, Berufsausbildung zum IT-System-Elektroniker und Informatikstudium, das klingt nach einer Ausbildung, mit der ein Berufseinstieg ohne Probleme möglich sein sollte. Acht Jahre hat es gedauert, bis ich diese Qualifikationen erreicht habe, die dafür nötig sein sollten, einen Arbeitsplatz langfristig zu sichern. Allerdings muss zunächst ein entsprechender Arbeitsplatz vorhanden sein, der auch gesichert werden kann.

Seit knapp neun Monaten bin ich nun auf Jobsuche. Über hundert Bewerbungen haben bereits 65 Absagen zur Folge gehabt, die restlichen Bewerbungen sind entweder noch in der Bearbeitung oder wurden ohne weitere Mitteilung nach „Ablage P“ geschoben.

Die Weltwirtschaftskrise trägt natürlich stark dazu bei, dass in vielen Firmen Einstellungsstopps verhängt wurden. Jedoch ist laut den Nachrichten und Zeitungen weiterhin eine hohe Nachfrage an IT-Fachkräften vorhanden. Die Realität sieht leider ganz anders aus.


Informatiker werden zwar gesucht, von den meisten Firmen aber nur über Leih- und Zeitarbeitsfirmen bezogen, eine Festanstellung ist schlicht zu teuer. Die Arbeitnehmer werden schlichtweg umerzogen und passen ihre Gehaltsvorstellungen neu an, der IT-Markt wird zu kostenintensiv.

Der Einstieg für Hochschulabsolventen in den Arbeitsmarkt ist schwer wie nie zuvor. Die zukünftigen Arbeitgeber erwarten meistens möglichst junge, belastbare und flexible Arbeitskräfte, die minimalistische Gehaltsvorstellungen mitbringen, dafür aber 20 Jahre Berufserfahrung! Jeder muss irgendwann einmal anfangen zu arbeiten, und das auch zu angemessenen Bedingungen. Viele Praktikumsplätze werden derzeit ohne Entgelt besetzt, nur damit man Berufserfahrung erlangt.

Bildung also weiterhin nur für Reiche. Mein Studium hat zwei Jahresgehälter eines Normalverdieners verschlungen, das Geld, das ich als Techniker verdient hätte, nicht mitgerechnet.

Es ist in meinen Augen unverständlich, warum so viele Absolventen Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Unternehmen müssen ihre eigene Denkweise umstrukturieren und Berufseinsteigern eine Chance geben. Die meisten Anfänger können es (genau wie ich) gar nicht abwarten, die erlernten Fähigkeiten in die Tat umzusetzen.

Allerdings trifft die Firmen nur eine Teilschuld, das deutsche Bildungssystem und der Staat erschweren die schon schwierige Situation um ein Vielfaches, da starke finanzielle Schwierigkeiten noch hinzukommen, die die Arbeitssuche zusätzlich erschweren.

Nicht jeder Absolvent hat reiche Eltern oder ausreichend Rücklagen, um die erwerbslose Zeit zu überbrücken. Die wenigsten Ex-Studenten haben die Möglichkeit, Arbeitslosengeld zu beziehen, da die Beschäftigung während des Studiums in der Regel unter bestimmte Grenzen fällt.

Vielen Akademikern bleibt daher nur die Sozialhilfe (neu: Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV), diese Aussichten motivieren nicht gerade für einen zweiten Bildungsweg. Wenn mir vor meinem Studium bewusst gewesen wäre, dass das deutsche Bildungssystem davon ausgeht, dass frisch ausgelernte Studenten sofort nach dem Studium einen Job bekommen und dieses Unterfangen sich als so schwierig herausstellt, wie es zurzeit ist, dann hätte ich meine Entscheidung mehrfach durchdacht.

Acht Jahre Ausbildung garantieren leider noch keine Beschäftigungsstelle. Nach dem Studium verfällt jeder Anspruch auf Arbeitslosengeld, übrig bleibt ein gebildeter Mensch, dem nichts anderes übrig bleibt, als an der untersten Sozialgrenze zu leben.

Es müssen Regelungen gefunden werden, die solche Missstände verhindern können. Jemand, der arbeiten und sich aufgrund dessen individuelles Wissen aneignen möchte, sollte motiviert werden, sein Vorhaben zielstrebig in die Tat umzusetzen. Eine hoffnungslose Jobsuche, die sich meistens länger als nur ein paar Monate hinziehen kann, sollte eigentlich kein Regelfall sein.

Die staatliche Unterstützung sichert dagegen nur einen Bruchteil der Kosten ab. Da während des Studiums jegliche Ansprüche auf Unterstützung seitens der Bundesagentur für Arbeit verfallen, muss sich das Land mit der hilfsbedürftigen Person auseinandersetzen. Der Höchstbetrag von Hartz IV kann aber in den meisten Fällen nicht mal die anfallenden laufenden Kosten decken, da der Satz seit etlichen Jahren nicht den steigenden Lebenskosten angepasst wurde.

Dieses Geld entspricht also dem, was frisch ausgelernten Akademikern zusteht, es trifft also keine arbeitsunwilligen oder arbeitsunfähigen Personen. Oft genug wird ein Studium erst durch eine Fremdfinanzierung über Banken ermöglicht, wie sollen Erwerbslose diese Beträge jemals zurückzahlen?

Das deutsche Bildungssystem muss also deutlich überholt werden. Ohne politisches Zutun wird es aber weiterhin heißen: Bildung nur für Reiche!

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