Einer der INVEST-Grundsätze besagt, dass eine gute User Story abschätzbar sein muss. Neben vielen anderen Eigenschaften, wie zum Beispiel die Unabhängigkeit gegenüber anderen User Stories oder die Größe, damit die Aufgabe auch innerhalb eines definierten Zeitraums erledigt werden kann, spielen die Abschätzbarkeit und die Abschätzung an sich eine große Rolle bei der Planung neuer Aufgaben.
Abschätzung der Komplexität, nicht des Aufwands
Sobald eine User Story ausreichend detailliert definiert wurde, kann vom Team die Abschätzung der Komplexität vorgenommen werden. Diese Komplexität wird in Story Points gemessen, dessen Skala sich meist an der Fibonacci-Reihe bedient (1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, ...). Damit soll ausgedrückt werden, dass die Genauigkeit einer Abschätzung je mehr abweicht, desto mehr Story Points diese besitzt. In der Planung sollte mit solchen Stories daher vorsichtig umgegangen werden, hier herrscht große Unsicherheit.
Für die Abschätzung wird zunächst eine Referenz-Story herangezogen, die beispielsweise 5 Story Points erhält. Diese Referenz wird nun für alle kommenden Schätzungen herangezogen und verglichen, ob die Komplexität der neu abzuschätzenden Story gleich, größer oder geringer ausfällt. Entsprechend werden dann die Punkte vergeben.
Es ist wichtig, dass die Komplexität einer User Story abgeschätzt wird, und nicht der zeitliche Aufwand. Beim Aufwand sind zu sehr die Fähigkeiten und Erfahrungen der einzelnen Mitarbeiter involviert und würde eine cross-funktionale Entwicklung zu sehr behindern.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Bevor eine Abschätzung vorgenommen wird, muss im Team auf jeden Fall geklärt werden, was genau die Komplexität beschreibt. Beschreibt es, welche einzelnen Elemente der Software angesprochen werden? Welche ISO-Schichten involviert sind? Oder welche bzw. wie viele Abstimmungen zwischen Mitarbeitern notwendig sind? Diese Fragen müssen im Vorfeld beantwortet werden können.
Es wird also die Eigenschaft, der Aufbau bzw. die Struktur einer User Story bewertet. Wie fügt sich diese Story in das System ein, mit welchen Mitteln kann sie gelöst werden, welche Schnittstellen müssen bedient werden und welche Bestandteile sind beinhaltet? Welche Merkmale weist die User Story auf? An dieser Stelle ist es wichtig, nicht zu detailliert auf die Aufgabe einzugehen. Auch ohne tiefgründige Kenntnisse über die Charakteristik des Items kann die Größe bestimmt werden.
Wer was umsetzt, ist egal für die Story
Ein Team, das sich Erfahrung anreichert und somit Aufgaben mit fortschreitender Zeit immer schneller erledigen kann, schafft damit mehr Stories. Die Größe der eigentlichen Story bleibt gleich, die Eigenschaften haben sich nicht geändert. Die Rahmenbedingungen sind weiterhin die selben. Die Größe wird nicht dadurch beeinflusst, ob es sich um ein erfahrenes Team handelt, das natürlich mehr oder größere Stories in kürzerer Zeit schafft, als ein unerfahrenes Team.
Es ist im Planning daher völlig egal, wer eine Story umsetzt. Für die Abschätzung einer User Story spielt das keine Rolle, was das Verfahren schnell und einfach macht. Diskussionen, wie viel Zeit eine Aufgabe in Anspruch nimmt, sind damit überflüssig. Das Team weiß nach einiger Zeit ganz genau, wie viele Story Points in einem Sprint zu schaffen sind, und damit auch, wie viele User Stories erledigt werden können. Mit einfachen Hochrechnungen kann der Product Owner nun herausfinden, wann welche Story im Backlog erledigt werden kann, wenn die Reihenfolge der Abarbeitung eingehalten wird.
Rahmenbedingungen sollten gleich bleiben
Stetigkeit ist daher ein wichtiger Bestandteil eines jeden Scrum-Teams. Nur wenn die Rahmenbedingungen gleich bleiben und jede User Story unabhängig von den Fähigkeiten des Teams bewertet wird, kann bereits nach wenigen Sprints eine aussagekräftige Prognose erstellt werden, wann mit welcher Funktion gerechnet werden kann. Nur dann lässt sich feststellen, wie sich das Team entwickelt und ob eine Verbesserung der Entwicklungsgeschwindigkeit zu erwarten ist.
Erfolg durch Motivation
Die korrekte Anwendung einer Abschätzung ist daher ein sehr wichtiges Werkzeug, das nicht unterschätzt werden darf. Nur wenn die erwähnten Punkte eingehalten werden ist sichergestellt, dass das Team die Erfolge sichtbar spürt und für Motivation sorgt. Gibt es ein besseres Erfolgselement als selbstgenerierte Motivation?
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