Die Umstellung auf SAFe 6.0 und die Einführung des Agile Release Trains (ART) in einem Unternehmen sind oft komplexe Vorhaben, die mit Herausforderungen verbunden sind. Eine sorgfältige Planung und ein schrittweises Vorgehen sind entscheidend für den Erfolg. Der folgende 10-Punkte-Plan bietet eine wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Anleitung, um Teams erfolgreich auf die Arbeitsweise von Scrum und SAFe umzustellen.
1. Aufklärung und Sensibilisierung
In den ersten Wochen sollten Workshops und Schulungen durchgeführt werden, um allen Beteiligten ein klares Verständnis der neuen Methoden zu vermitteln. Es ist wichtig, nicht nur die theoretischen Grundlagen von Scrum und SAFe zu erläutern, sondern auch den praktischen Nutzen für die Organisation herauszustellen. Besonders relevant in SAFe 6.0 sind neue Konzepte wie Flow Metrics und OKRs (Objectives and Key Results), die in die Schulungen einfließen sollten.
2. Organisatorische Umstrukturierung
Für die Umsetzung von Scrum ist eine Neuorganisation der Teams erforderlich. Die optimale Teamgröße bei SAFe liegt bei 10 oder weniger Personen (Scrum: 5 bis 9 Personen). Ziel ist es, cross-funktionale Teams zu bilden, die autonom arbeiten können. In SAFe 6.0 ist es zudem wichtig, den Fokus auf agile Teamtopologien zu legen, um die Zusammenarbeit und Kommunikation zu verbessern.
3. Rollenbestimmung
Die Rollen des Scrum Masters, Product Owners und der Teammitglieder müssen klar zugewiesen und verstanden werden. Die Verantwortlichkeiten jeder Rolle sollten in regelmäßigen Meetings thematisiert werden, um Missverständnisse zu vermeiden. SAFe betont zudem den Team Coach / Scrum Master als zentrale Rolle für die Weiterentwicklung agiler Praktiken in den Teams.
4. Festlegung von Arbeitspraktiken
Es gilt, die aus Scrum bekannten Zeremonien wie Iteration Planning (Sprint-Planung), Daily Stand-up, Iteration Review (Sprint-Review) und Iteration Retrospektive (Sprint Retrospektive) zu etablieren. In SAFe 6.0 wird verstärkt auf Flow Metrics und Predictability Wert gelegt, sodass diese Metriken in die Sprint-Planung und -Reviews integriert werden sollten. Diese Praktiken sollten mit den spezifischen Anforderungen und Prozessen der Organisation abgeglichen werden.
5. Auswahl geeigneter Werkzeuge
Tools wie Jira oder Trello bieten sich zur Verwaltung von Backlogs und zur Aufgabenverfolgung an. Wichtig ist, dass alle Teammitglieder geschult werden, diese Tools effektiv zu nutzen. In SAFe 6.0 wird zusätzlich empfohlen, Value Stream Management Tools zu integrieren, um die Wertschöpfung über den gesamten ART besser zu verfolgen und zu optimieren.
6. Definition von SAFe-Rollen
Mit SAFe 6.0 kommen zusätzliche Rollen wie der Release Train Engineer (RTE), Solution Train Engineer (STE) und der Business Owner hinzu. Die Zuweisung dieser Rollen ist ein kritischer Schritt, um den ART erfolgreich zu implementieren. Die Rolle des Business Owners hat in SAFe 6.0 noch stärkere Verantwortung für die Wertschöpfung und Priorisierung innerhalb des ART.
7. Etablierung des Agile Release Trains (ART)
Der ART ist ein langfristiger Zusammenschluss mehrerer Scrum-Teams, der eine koordinierte Arbeitsweise ermöglicht. Die Synchronisation der Teams innerhalb des ART ist entscheidend für die reibungslose Durchführung von Planning Intervals (PIs). Neu in SAFe 6.0 ist der verstärkte Fokus auf die Continuous Delivery Pipeline und DevOps Practices, um die Wertschöpfung kontinuierlich zu optimieren.
8. Planning Interval (PI) Planung
Die PI-Planung (Planning Interval, SAFe 5.1: Program Increment) ist ein zentraler Bestandteil von SAFe. Hier planen alle Mitglieder des ART ihre Arbeit für das kommende PI, das in der Regel aus 4 bis 6 Sprints besteht. Diese Planungen sollten detailliert und realistisch erfolgen, um Engpässe zu vermeiden. SAFe 6.0 hebt die Wichtigkeit der OKRs als Methode hervor, um PIs strategisch auszurichten und zu messen.
9. Inspektion und Anpassung
Regelmäßige Überprüfungen der Arbeitsweisen und Prozesse ermöglichen es, Optimierungspotenziale zu identifizieren und zu nutzen. Retrospektiven auf Team- und ART-Ebene sollten genutzt werden, um kontinuierlich Verbesserungen vorzunehmen. In SAFe 6.0 werden verstärkt Flow Metrics verwendet, um die Effizienz zu steigern und Bottlenecks frühzeitig zu erkennen.
10. Fortlaufende Schulung und Unterstützung
Scrum und SAFe entwickeln sich ständig weiter. Deshalb ist es entscheidend, dass die Teams regelmäßig an Schulungen teilnehmen und Zugang zu Unterstützung haben, um ihre Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern. SAFe 6.0 bietet hierzu Learning Cycles und Communities of Practice (CoP), um den Wissensaustausch zu fördern und sicherzustellen, dass alle Beteiligten auf dem neuesten Stand bleiben.
Zeitlicher Ablauf der Einführung
Monat 1-2: Aufklärung und Sensibilisierung
- Schulungen zu Scrum und SAFe 6.0 für alle Beteiligten
- Team-Workshops zu praktischen Implementierungen
Monat 3-4: Umstrukturierung und Rollenbestimmung
- Bildung von Scrum-Teams und Zuweisung der neuen Rollen
- Beginn der Etablierung des Agile Release Trains
Monat 5-6: Etablierung von Praktiken und Werkzeugen
- Einführung der Scrum-Zeremonien und Auswahl der Tools
- Schulung in der Anwendung der Werkzeuge, inklusive Value Stream Management
Monat 7-9: Implementierung der SAFe-Rollen und Etablierung des ART
- Zuweisung und Einführung der SAFe-Rollen
- Integration der Scrum-Teams in den ART
Monat 10-12: Planning Interval Planung
- Durchführung der ersten PI-Planung und Ausführung der Sprints
- Regelmäßige Inspektion und Anpassung der Prozesse
Ab Monat 12: Kontinuierliche Verbesserung
- Fortlaufende Überprüfung und Anpassung der Arbeitsweisen
- Regelmäßige Schulungen und Wissensaustausch durch Learning Cycles und Communities of Practice
Fazit
Die Einführung von SAFe 6.0 und ART erfordert Engagement, Disziplin und Anpassungsfähigkeit. Mit einem strukturierten Plan, klar definierten Zielen und einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung können Unternehmen erfolgreich eine agile Transformation bewältigen. Der Prozess ist langfristig angelegt und bedarf einer ständigen Inspektion und Adaption, um den maximalen Nutzen zu erzielen.
Persönlicher Kommentar
Mit Sicherheit kann das oben beschriebene Vorgehen verbessert und optimiert werden. Schreibt mich dazu gerne an. Es ist bewusst allgemein gehalten und geht nur auf Essential SAFe ein, da die einzelnen Schritte je nach Unternehmen stark variieren können. Wer sich aktuell in der agilen Transformation befindet und ebenfalls vor der Herausforderung steht, SAFe und ART zu implementieren, kann mich ebenfalls anschreiben. Zusammen nach Lösungen zu suchen und Ideen zu entwickeln ist meistens einfacher, als die Themen alleine anzugehen.
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