Sonntag, 2. September 2018

BlackboxCam Rotate Mini - Was kann die kleine Kamera?


Mit der BlackboxCam Rotate Mini gesellt sich zu meiner kleinen Armee von IP-Kameras ein neues Modell hinzu, welches mit eigenem Akku ausgestattet ist und damit flexibler einsetzbar sein soll. Die Kamera bietet eine höhere Bildauflösung als meine bisherigen Modelle und verspricht gute Ergebnisse bei der Überwachung von Innenräumen, selbst bei Dunkelheit. Nachfolgend möchte ich gerne aufzeigen, ob das mit diesem Gerät möglich ist.

Unboxing


Die kleine Kamera wird sicher verpackt in einer harten Kartonverpackung geliefert. Im Inneren des Kartons liegt einiges an Zubehör bei. Neben einer Ersatzklappe für die Bedienelemente an der Kamera sind auch noch ein USB-Kabel und ein Steckernetzteil dabei. Außerdem eine Mini-CD mit Software sowie zwei in englischer Sprache und Bildern verfasste Anleitung. Das Zubehör entspricht daher dem erwarteten Umfang. Es fehlt an nichts, aber auch nicht mehr.



Natürlich ist mit der kleinen und handlichen Kamera auch der Hauptgegenstand enthalten, die einen sehr robusten Eindruck macht. Die Verarbeitung ist super, auch wenn direkt nach dem Auspacken bereits Kratzer auf der glatten Gehäuseoberfläche festgestellt wurden. Das ist sehr schade und entspricht nicht meinen Vorstellungen an eine gewissenhafte Qualitätssicherung.

Einrichtung


Nach dem ersten Dämpfer meiner hohen Erwartungen an eine Kamera im mittleren Preissegment bin ich von der Ersteinrichtung sehr begeistert. Die Inbetriebnahme und Grundeinstellungen waren auch ohne Zuhilfenahme der mitgelieferten Bedienungsanleitung in wenigen Minuten erledigt. Dazu muss die Kamera lediglich angeschaltet und mittels Smartphone das kameraeigene WLAN ausgewählt werden. Im nächsten Schritt muss die App Pro iCam aus dem Google Playstore heruntergeladen und installiert werden. Innerhalb der App wird die Kamera sofort gefunden und es kann der WLAN-Key des Hausnetzwerkes eingetragen werden. Fertig.

Am Schwersten war es bei der ganzen Einrichtung, die Kamera überhaupt einzuschalten, da die hintere Abdeckung der Bedienelemente nur sehr schwer zu entfernen war. Da musste zusätzliches Werkzeug verwendet werden, was bei dem weichen Kunststoff deutliche Spuren hinterlassen hat. Ebenfalls fragwürdig ist eine blaue LED an der Gehäuseseite, die den Betriebsstatus der Kamera anzeigt. Für eine Spionagekamera, die im Verborgenen und möglichst unauffällig agieren soll, nicht sehr vorteilhaft. Ein kleiner schwarzer Aufkleber für die LED hat für Abhilfe gesorgt und lässt den Status nicht mehr für jeden Anwesenden im Raum sichtbar werden.

Bildqualität


Leider stellt die schlechte Bildqualität der Kamera eine der größten Schwachstellen dar. Zunächst muss überlegt werden, wo die Kamera eingesetzt werden soll. Primär wird das in nur schwach bis mittelstark beleuchteten Innenräumen der Fall sein. Doch gerade in dieser wichtigen Disziplin schwächelt die Kamera und stellt das Bild stark verwaschen und unscharf dar. Da kann auch eine maximale Auflösung von 1920x1080 Bildpunkten nicht helfen, ein Unterschied zur ebenfalls einstellbaren VGA-Auflösung (640x480) ist nicht zu erkennen.






Merkwürdig: Obwohl über die App eine Auflösung von 1080p eingestellt wurde, sind die über das Smartphone erstellten Screenshots in 720p aufgelöst, obwohl die App-interne Screenshot-Funktion verwendet wurde. An der Auflösung des Smartphone-Displays kann es nicht liegen, die ist mit 1440p hoch genug aufgelöst. Entweder handelt es sich um einen Bug oder 1080p ist nur ein Marketinggag.

Dabei ist die Bildwiederholfrequenz sehr gut und flüssig. Jede Bewegung wird ohne Unterbrechungen übertragen und kommt beim Endgerät stets flüssig an. Leider stellte sich heraus, dass die Übertragung mit knapp zwei Sekunden Verzögerung passiert, was eine Steuerung der Linse (PT) sehr schwierig macht. Nur mit kleinen Schritten muss man sich ans Ziel und den gewünschten Bildausschnitt kämpfen.

Tagsüber und im Außenbereich ist die Bildqualität gut, doch große Unterschiede zwischen hell und dunkel machen dem Gerät zu schaffen. Bei Sonnenschein werden schattige Plätze als komplett schwarz angezeigt. Sobald der dunkle Bereich fokussiert wird, sind helle Bereiche komplett weiß.

Smartphone-App


Bevor ich zu dem größten Pluspunkt komme, den die Kamera zu bieten hat, leider noch ein Schnitzer, den sich der Hersteller liefert: Die App Pro iCam. Neben dem Umstand, dass die deutsche Übersetzung des in China entwickelten Stück Software absolut mangelhaft ist, kann ich die durchschnittliche Bewertung von 2,6 von 5 Punkten (Stand 01.09.2018) im Playstore durchaus nachvollziehen. Damit die über die App konfigurierte Bewegungserkennung in Echtzeit Bilder auf das Smartphone liefert, muss die App stetig im Hintergrund aktiv sein. Es ist nicht möglich, Benachrichtigungen per Push zu aktivieren, ohne dass die App aktiv sein muss. Dadurch zerrt iCam so sehr am Akku, dass das Smartphone bereits nach kurzer Nutzung selbst im inaktiven Zustand sehr warm wird und der Akku in kürzester Zeit leer ist. Sogar bei ausgeschalteter Kamera versucht die App im sekündlichen Abstand die Kamera zu erreichen.



Die einzige Lösung ist, die App komplett in den Hintergrund zu schieben, was zur Folge hat, dass auch keine Benachrichtigungen bei Bewegungserkennung mehr auf dem Smartphone angezeigt werden. Das macht die App überflüssig als Werkzeug zur Überwachung und disqualifiziert sich für die weitere Nutzung. Zum Glück gibt es noch eine weitere Möglichkeit zur Konfiguration und Überwachung: Den Webserver.

Webserver


Den größten Vorteil, den die Kamera zu bieten hat und viele der angesprochenen Nachteile wieder wett macht, stellt der integrierte Webserver dar. Der Server macht nach der Ersteinrichtung über die App das Smartphone überflüssig und ermöglich die komplette Konfiguration und Bedienung über einen Browser am PC. Dazu muss lediglich geprüft werden, welche IP vom DHCP-Server vergeben wurde, die dann in der Adresszeile im Browser eingegeben werden muss. Den Hinweis, dass die Anzeige nur mit einem Plugin möglich ist, kann getrost ignoriert werden - moderne Browser können den Stream auch so anzeigen.


Der Stream ist über [IP-Adresse]/video/livesp.asp zu erreichen und kann beliebig verwendet und in anderen Programmen oder auf Webseiten eingebunden werden. Die Bildwiedergabe ist auch über den Browser sehr flüssig und wird mit der bereits erwähnten Verzögerung von knapp zwei Sekunden wiedergegeben. Leider ist nur eine Anzeige von 720p möglich, aber 1080p wird nativ sowieso nicht erreicht.

Über den Browser empfinde ich die Bedienung aber um einiges komfortabler als über das Smartphone. Der Webserver scheint zudem aktueller zu sein und bietet mir nur die Möglichkeiten an, die die Kamera auch unterstützt. Die App bietet mir beispielsweise auch an, eine DDNS einzurichten - leider nur mit ausgegrauten Schaltflächen, eine Konfiguration ist nicht möglich, was sehr schade ist. Im Browser gibt es diesen Menüpunkt gar nicht erst.


Konfigurationsbeispiel


Da die Nutzung der App unter normalen Umständen nicht möglich ist und damit eine Echtzeitüberwachung per Smartphone wegfällt, eignet sich die Kamera dann überhaupt zur Überwachung? Mit einer entsprechenden Konfiguration auf jeden Fall!

Dazu ist es sinnvoll, dafür einen neuen, nur für diesen Verwendungszweck bestimmten E-Mail-Account anzulegen, dessen Login-Daten dann in die Kamera eingetragen werden. Der Kamera ist es möglich, eine Bildveränderung festzustellen und daraufhin eine E-Mail an eine hinterlegte Adresse zu verschicken. Dazu loggt sich die Kamera in den extra dafür vorgesehenen Account ein und versendet eine E-Mail mit mehreren Bildern. Das funktioniert auch sehr zuverlässig, sofern die Kamera WLAN-Netzwerkzugriff hat. Diese Art und Weise der Überwachung ist sehr akkusparend und vor allem ähnlich zeitnah wie die "Echtzeitvariante" der App.

Zusätzlich dazu kann die App verwendet werden, um als Reaktion auf eine entsprechende E-Mail den Videostream der Kamera aufzurufen. Das ist auch aus mobilen Netzen heraus möglich, was die Verfügbarkeit der Information stets gewährleistet. Dieser Umstand sichert der kleinen und unauffälligen Kamera einen festen Platz in meinem Regal und hat damit eine Daseinsberechtigung.

Auf die Höhe treiben kann man die Portabilität und Flexibilität, indem ein Smartphone als WLAN-Hotspot eingerichtet und danach die Kamera mit dem mobilen Netzwerk verbunden wird. Das Smartphone kann dann das mobile Netz nutzen, um den Versand der E-Mails der BlackboxCam sicherzustellen. Die Kamera wäre damit völlig unabhängig vom Aufstellungsort, es muss lediglich ein Mobilnetz zur Verfügung stehen. Die zu versendenden Daten sind mit 200 - 300 KB pro E-Mail sehr gering und auch mit wenig zur Verfügung stehendem Datenvolumen realisierbar.

Fazit


Wer sich ein wenig in die Technik, den geeigneten Aufstellungsort und umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten reinfuchst, wird viel Spaß und Freude mit der Kamera haben. Auf der Negativseite ist auf jeden Fall die mäßige Bildqualität zu finden, die es im Ernstfall verhindert, das Gesicht eines ungebetenen Gastes zu erkennen und damit die Aufklärung eines Vorfalls erschwert. Um jedoch rechtzeitig auf einen Einbrecher oder unerwartete Situation zu reagieren, kann die BlackboxCam mit etwas Aufwand sinnvoll eingesetzt werden.

Allerdings muss sich die Kamera in einem starken Teilnehmerfeld behaupten können und Merkmale aufweisen, die die Konkurrenz nicht liefert, doch das kann sie leider nicht. Bereits vor sechs Jahren rüstete ich mein Haus mit mehreren PTZ-IP-Kameras aus, die zwar größer und ohne Akku ausfallen als die BlackboxCam, diese liefern aber eine bessere Bildqualität und einen DDNS-Server mit, was es mir ermöglicht, jederzeit und von jedem Gerät aus, auf die Kameras zuzugreifen. Und das bei einem Preis von 50-80 Euro pro Gerät und nicht 120 Euro wie bei der BlackboxCam (Stand 01.09.2018 auf Amazon.de).

Trotz einfacher Einrichtung und starkem Webserver kann ich daher nur eine eingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Es muss viel Aufwand für ein zufriedenstellendes Ergebnis betrieben werden, Spaß und Freude an Tüftelei und Technik sind Grundvoraussetzung für die BlackboxCam. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl kann eine zuverlässige 24/7-Überwachung erreicht werden, die einen zeitnah über Aktivitäten informiert. Für den Techniker ist die BlackboxCam ein durchaus flexibles Überwachungswerkzeug, für den Normalanwender hingegen nur eine 120 Euro teure Spielerei.

Zusammenfassung


Positiv
  • Viel (Standard-)Zubehör mitgeliefert
  • Gut und sicher verpackt
  • Angenehme Größe und Gewicht
  • Sehr einfache Einrichtung innerhalb weniger Minuten
  • Ausreichend flüssige Bildwiedergabe
  • Sehr gute und stabile Verarbeitung
  • Smartphone-App nur bei Ersteinrichtung notwendig wg. eigenem Webserver
  • Kann komplett über den Browser konfiguriert werden
  • E-Mail-Adresse für Bilder bei Bewegungserkennung hinterlegbar
  • Stream über /video/livesp.asp beliebig verwendbar
  • Zugriff auf Kamera mittels Smartphone-App auch außerhalb des WLAN möglich

Negativ
  • Gehäuseoberfläche der Kamera zerkratzt
  • Abdeckung für Bedienelemente auf der Hinterseite schwer zu entfernen
  • Sehr schlechte deutsche Übersetzung der App
  • Verzögerung des Live-Bildes erschwert PT-Steuerung
  • Bei Zimmerbeleuchtung sehr schlechte Bildqualität
  • Blaue LED an der Kamera verrät Aufnahmestatus -> Aufkleber notwendig
  • Keine DDNS-Konfiguration möglich
  • App pollt Anmeldeversuche auf ausgeschaltete Kamera, dadurch hoher Akkuverbrauch
  • Notwendiger Hintergrunddienst verhindert Benachrichtigungen der App
  • Screenshots nur in 720p-Auflösung möglich

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen